Wie viel brauchen wir tatsächlich zum Leben? Was macht uns glücklich? Und was bedeutet überhaupt Glück für uns?

Diese Fragen habe ich mir die letzten vier Jahre häufiger gestellt. Und viele Antworten darauf gefunden. Je nachdem, wo ich mich gerade in meinem Trauer- und Bewusstwerdungsprozess befunden habe, konnte ich mir ein anderes Antworten auf diese Fragen vorstellen. Je mehr ich das verletzte innere Kind, welches mit auf Partnersuche geht, in mir als Erwachsene sehen konnte, desto glücklicher wurde ich. Es war der Blick nach innen, der mich immer mehr zu meinem eigenen Glück und dem Leben, welches für mich jenseits des eigenen Egos wartete, führte. Und dieses mittlerweile einfache Leben findet manchmal in meinem Camper statt.

Wäre ich vor vier Jahren gefragt worden, ob ich in meinem Leben angekommen bin, so wäre meine Antwort ganz klar gewesen. Meine Vorstellung vom Leben war klar an meinen Partner und ein gemütliches Zuhause mit Garten und netter Nachbarschaft gekoppelt. Und der Tatsache, dass dies immer perfekt nach außen präsentiert werden darf. So hat es mir meine Familie vorgelebt, so hielt ich es bis dato für absolut richtig. Doch ein Teil in mir wusste, dass dies nicht alles sein konnte. Es fehlte der Tiefgang, das gemeinsame Entwickeln im miteinander. Etwas, das viele Paare erleben und bewusst, sei es der Kinder wegen oder aus monetären Gründen, wegdrücken. Dieses vorgelebte Leben muss auch bei uns funktionieren und daher wird der Wunsch nach den eigenen Bedürfnissen unterdrückt oder gar geleugnet. Wie oft höre ich diese Aussagen in meiner Coachingpraxis, auch wenn das ungesehene Bedürfnis sich bereits über eine Krankheit oder Sucht sichtbar macht.

Beim Zählen meiner Lebensjahre ist mir aufgefallen, dass ich von hier an weniger Zeit zum Leben habe, als ich bereits gelebt habe. Mir fehlt schlichtweg die Zeit, Menschen zu ertragen, die zwar einen Status genießen, sich jedoch in keiner Weise selbst reflektieren oder  persönlich weiterentwickeln. Dabei gibt es in meiner Welt eine klare Unterscheidung zwischen Selbstoptimierung und persönlicher Weiterentwicklung/Erwachen aus dem Egoschlaf. Ich möchte keine Manipulatoren und Menschen, die ihre Meinung mit dem Wind immer wieder ändern, in meinem Leben wissen. Weder beruflich noch privat. Ich möchte mich ehrlich mitteilen dürfen und dies auf eine gradlinige, wertschätzende Weise. Ich möchte mich zumuten mit allem, was da ist. Ich möchte mir meiner Rollen im Leben bewusst sein, mich jedoch hinter keiner Rolle mehr verstecken. Zu letzteren neigen wir sehr gerne im Coaching- und Beratungskontext und wundern uns dann, wenn wir als Mensch nicht gesehen werden.

Ich möchte anderen Menschen auf Augenhöhe begegnen und gleichzeitig auch „Nein“ zum Verhalten und „Ja“ zum Menschen sagen können. Ich möchte neben Menschen leben, die sehr menschlich sind und dabei dürfen Fehler gemacht und über diese gelächelt werden. Und ich möchte in keinen Wettbewerb mehr treten, weder im Leistungssport noch beruflich. Ich bin glücklich meine eigenen Grenzen zu kennen sowie zu spüren und mich nicht mehr permanent in der körperlichen Überspannung zu befinden.

Ich mag Menschen, die Würde besitzen und die Würde des anderen Menschen auch verteidigen. Das Wesentliche ist dabei doch, dass es das Leben wert ist gelebt zu werden. Ja, ich habe es eilig intensiv zu leben, was mir mein Bewusstwerdungsprozess der letzten vier Jahre ermöglicht hat. Und auch das Versprechen, dass ich einem kürzlich verstorbenen Freund & engstem Nachbar gegeben habe. Ich habe ihm versprochen, dass wir das Leben gemeinsam feiern. Letzten Sommer durften wir dies „noch“ gemeinsam tun.

Mein Ziel ist es, meine Lebensvision weiterzugeben, Brücken zu bauen zwischen Menschen, denen dies allein nicht gelingt, Frieden in mir zu finden und damit auch im außen zu stiften. Und andere dazu einzuladen es mir gleichzutun. Für mich ist somit jeder neue Tag ein Bonus Tag, welchen ich immer wieder eine neue, positive Richtung geben darf.

Und so beobachte ich mich an manchen Tagen wie heute dabei, dass ich innerlich ein Mantra zu mir spreche:

Bevor ich diskutiere, atme ich.

Bevor ich spreche, höre ich zu, um zu verstehen und nicht um zu antworten.

Bevor ich schreibe, denke ich nach, wie meine Worte auf mich und somit auch auf andere, wirken würden.

Bevor ich ein Feedback gebe, wechsle ich die Perspektive und spüre mich in mein Gegenüber hinein.

Bevor ich mich in mein Gegenüber hineinspüre, fühle ich erst einmal in mich selbst hinein.

Denn, ich sehe im Anderen nur mich selbst. Sowohl die positiven wie auch die unbewussten Aspekte meiner Selbst.

Wer sich dem Tod stellt, der beginnt wahrhaftig zu leben.

Daher lade ich Euch ein: „Feiert das Leben mit allem, was da ist.“

 

(In Erinnerung an Enrico & Bernhard, die mir diesen Prozess ermöglicht haben)